Das universale Rittertum der Heilige Krieg in der östlichen und westlichen Tradition

Die Idee eines geistigen oder spirituellen Ideals des Kriegers ist sehr alt und findet sich in vielen Traditionen des Orient und Okzident.

Das Bushidō, der „Weg des Kriegers“, entlehnt seine Grundlehren aus den Prinzipien des Shintō, des Buddhismus und Konfuzianismus. Es ist der Kodex jener nur mündlich übertragenen moralischen Werte, die der Samurai, der japanische Ritter, beachten muss. Ein Gesetz, das im Herzen des Kämpfers eingeschrieben sein soll. Es besteht aus Ehrlichkeit, Mut, Mitgefühl, Höflichkeit, Ehrenhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Loyalität und betrachtet nur wahrhaftige Taten als heilig. Auch in China sind die Kampfkünste durch den Daoismus tief von Ideen der Ethik und des stets angemessenen Handelns durchdrungen. Dafür muss zuerst der Geist des Kämpfers von allen Wünschen und Begierden gereinigt werden.

Im Urchristentum spricht Origenes in seinen Homilien zum Buch Joshua, das die Eroberung des „Heiligen Landes“ beschreibt, ausdrücklich über die Notwendigkeit, die inneren Feinde zu besiegen. Seiner esoterischen Lehre zufolge beschreibt die Bibel die uralte Idee des spirituellen Kampfes sehr ausführlich, aber nur auf verschleierte Weise: zum Beispiel mit den Namen von Orten und Feinden, deren tiefere Symbolik innerlich gelebt werden muss, „um das Himmelreich zu erobern“. Wer den Kampf im Außen sucht, so der Kirchenlehrer, verfehlt das Ziel, weil er den geistigen Sinn der Schrift nicht versteht.

Im Islam spricht das „Kitāb-ul-Futuwwa“, eine Schrift über das spirituelle Rittertum, von einem „kleinen Krieg“, der im äußeren Leben gegen die Ungerechtigkeit und gegen die Unterdrückung der Schwachen geführt werden muss, und von dem viel anspruchsvolleren und wichtigeren „großen Krieg“, der eigentliche „heilige Krieg“, der im Innern des Menschen sein Schlachtfeld findet. Es ist der Krieg des Menschen gegen die Feinde, die er in sich trägt und die der Ordnung und der Einheit im Wege stehen. Eine Einheit, welche die harmonische Verbindung von Innen und Außen, von edlem Gedanken und selbstloser Handlung bedeutet, die auf ein einziges Ziel ausgerichtet sind: Wahrhaftigkeit.

Die spirituellen Texte der indischen Tradition finden in der Bhagavad Gita, dem „Gesang des Erhabenen“, ihren tiefsten Ausdruck. Das Gespräch zwischen Krishna und Arjuna entwickelt die Essenz der indischen Geheimlehre vom spirituellen Kampf. Arjuna stellt den Idealtyp des geistigen Kriegers dar, eine Idee, die in jedem Menschen steckt und auch erweckt werden soll. Eingebunden in den Diskurs über die Wiederkehr der Seelen und das Gesetz des Karmas soll der Mensch lernen, das Richtige zu tun, denn der Geist kann weder töten, noch getötet werden. Niederlage oder Triumph, egal, nur mit seiner Ausrichtung auf Gott kann der Mensch wirklich siegen, und damit das Gute.

Noblesse oblige.

Somit ist für den Ritter vor allem eins wichtig: die Intention seiner Handlung. Ist diese auf Gerechtigkeit, Frieden, Liebe und Wahrheit ausgerichtet, ohne dass er in seinem Innern von den Äußeren Umständen bedingt wird, dann ist er auf dem richtigen Weg. Die Absicht des spirituellen Kriegers ist es also, das universale Wesen Gottes individuell zum Ausdruck zu bringen, Sein ausführender Arm in der Gesellschaft zu sein, unabhängig davon, ob er dieses göttliche Prinzip mit Krishna, Christus oder Allāh identifiziert.

Die verborgene, antike Lehre eines wahrhaft geistigen Rittertums findet bei den Tempelrittern eine völlig neue Art des Ausdrucks. Das revolutionäre an der Bewegung der Templer ist aber nicht ihre historische Bedeutung als christliche Kampftruppe im Heiligen Land: vielmehr spiegelt sich ihr immenser gesellschaftlicher Einfluss bis heute in der gesamten abendländischen Kultur wieder.

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